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Gutachterliche Tätigkeit kann umsatzsteuerpflichtig sein
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23.09.2021 — zuletzt aktualisiert: 28.09.2021

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Gutachterliche Tätigkeit kann umsatzsteuerpflichtig sein

Das Erstellen von Gutachten für (sozial-)rechtliche Verfahren sowie für private oder berufliche Zwecke gehört schon längst zum ärztlichen Leistungsportfolio. Doch Gutachten ist nicht gleich Gutachten, insbesondere aus umsatzsteuerlicher Sicht. Gutachterliche Leistungen können umsatzsteuerpflichtig, aber auch umsatzsteuerfrei sein. Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig. Doch als Faustregel gilt: Nur, wenn die medizinische Betreuung von Patienten durch das Diagnostizieren oder Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen im Vordergrund steht, gehören Gutachten zu den umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistungen.

Pflegegutachten sind umsatzsteuerpflichtig
Bevor Pflegegeld gezahlt oder Pflegesachleistungen erbracht werden, muss ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) die Pflegebedürftigkeit feststellen und die Einstufung in einen Pflegegrad vornehmen. In vielen Fällen beauftragen die Pflegekassen damit unabhängige Gutachter. Dies können Ärzte oder Pflegefachkräfte, z. B. Gesundheits- oder Krankenpfleger, sein. Nach langer Ungewissheit steht nun fest: Die unabhängigen Pflegegutachter erbringen umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Die Gutachten sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer befreit. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob damit das stattgebende Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts auf. Es fallen also 19 % Umsatzsteuer an, sofern der Pflegegutachter kein Kleinunternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist.

Nach deutschem Recht sind Pflegegutachten für den MDK keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistungen. Sie werden vielmehr erstellt, um festzustellen, in welcher Höhe der Versicherte Leistungen nach dem Pflegeversicherungs-gesetz beanspruchen kann. Die Pflegegutachten sind aber auch keine umsatzsteuerfreien Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit. Der BFH bestätigte zwar, dass es sich bei der Gutachtertätigkeit um eine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistung im Sinne der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU handelt. Dafür ist es auch unschädlich, dass die Leistungen nicht unmittelbar an die pflegebedürftigen Personen erbracht werden. Insoweit hat der BFH seine bisherige Auffassung geändert. Unabhängige Pflegegutachter sind jedoch keine nach deutschem Recht anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter. Somit fehlt eine zwingende Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit. Die mittelbare Kostenerstattung über den MDK reicht dafür nicht aus.

Hinweis: Wurden Leistungen bisher als umsatzsteuerfrei behandelt, muss die Umsatzsteuer nacherklärt und abgeführt werden. Gleichzeitig sollte geprüft werden, ob aus den Eingangsleistungen, die mit den Pflegegutachten im Zusammenhang stehen, noch ein Vorsteuerabzug möglich ist. Die Steuerberater der ETL ADVISION unterstützen Sie gern dabei.

Steuerpflichtige Gutachten sind z. B.

  • Alkohol- und Drogen-Gutachten zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit sowie medizinisch-psychologische Gutachten über die Fahrtauglichkeit
  • Blutalkoholuntersuchungen für gerichtliche Zwecke
  • anthropologisch-erbbiologische Gutachten
  • Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen, z. B. für Vaterschaftsfeststellungen
  • gutachterliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsleistungen im Rahmen eines Rentenverfahrens
  • Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse
  • Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag des MDK
  • Untersuchungen zur Ausstellung bzw. Verlängerung von Schwerbehindertenausweisen
  • Gutachten im Rahmen von Berufstauglichkeitsuntersuchungen, z. B. Flugtauglichkeitsuntersuchung
  • Genehmigung zur Feuerbestattung (sogenannte 2. Leichenschau)
  • sport- und reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen
  • Gutachten über das Seh- und Hörvermögen für Führer-, Segel-, Tauch- und Flugscheine

Steuerfreie Gutachten sind z. B.

  • Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke einer anschließenden Heilbehandlung
  • körperliche Untersuchung von Personen in Polizeigewahrsam zur Überprüfung der Verwahrfähigkeit in der Zelle
  • Gutachten zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, insbesondere Aussagen zu Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit,-prognose und Therapieempfehlungen
  • Gutachten zur Hilfsmittelversorgung und zur häuslichen Krankenpflege
  • ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme des Unfallversicherungsträgers
  • Durchführung der äußeren Leichenschau und Ausstellen der Todesbescheinigung (gilt als letzte Maßnahme im Rahmen der Heilbehandlung)
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen, wenn die medizinische Betreuung im Vordergrund steht
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