ÜBER UNS
LEISTUNGEN
BRANCHEN
AKTUELLES
KARRIERE
Startseite | Aktuelles | Prozesskosten in der Steuererklärung 2025

Prozesskosten in der Steuererklärung

Strenge Regeln, enge Ausnahmen

Prozesskosten in der Steuererklärung
Aktuelles
10.09.2025 — Lesezeit: 5 Minuten

Prozesskosten in der Steuererklärung

Strenge Regeln, enge Ausnahmen

Ein Gerichtsprozess kann viele Gründe haben: Streitigkeiten mit Geschäftspartnern, Kunden, Erben oder auch mit Behörden. Was all diesen Prozessen gemeinsam ist: Sie kosten Geld. Gerichtskosten, Anwaltskosten und Gutachterkosten können sich schnell summieren. Während Prozesskosten im unternehmerischen oder beruflichen Bereich grundsätzlich als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG oder Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 EStG abzugsfähig sind, ist das bei Streitigkeiten im privaten Bereich leider nicht der Fall. Da liegt die Frage nahe: Kann man diese Ausgaben dennoch steuerlich geltend machen? Die Antwort lautet: unter bestimmten Voraussetzungen ja – und zwar als sogenannte außergewöhnliche Belastungen. Doch die Hürden dafür sind hoch.

Was sind außergewöhnliche Belastungen?

Das Einkommensteuerrecht erkennt bestimmte Ausgaben an, die über das Übliche hinausgehen und den Steuerzahler „zwangsläufig“ treffen. Typische Beispiele sind Krankheitskosten, Pflegekosten oder Schäden durch Naturkatastrophen. Der Gesetzgeber will so sicherstellen, dass Steuerpflichtige nicht doppelt belastet werden: durch außergewöhnliche Lebensumstände und gleichzeitig durch Steuern.

Allerdings gilt: Auch außergewöhnliche Belastungen werden steuerlich nur insoweit berücksichtigt, wie sie die sogenannte zumutbare Belastung übersteigen. Diese wiederum hängt von Ihrem Einkommen, Familienstand und der Anzahl Ihrer Kinder ab. Das Finanzamt setzt also einen bestimmten Eigenanteil an, den jeder Steuerpflichtige selbst tragen muss. Erst die darüber hinausgehenden Kosten können sich steuermindernd auswirken. Ob Prozesskosten dazugehören, war lange Zeit umstritten und immer wieder Gegenstand unterschiedlicher gerichtlicher Verfahren.

Gesetzliche Neuregelung seit 2013

Mit dem AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013 hatte der Gesetzgeber erstmals Klarheit geschaffen – allerdings nicht unbedingt im Sinne der Steuerzahler. Seitdem gilt: Zivilprozesskosten sind grundsätzlich vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Betroffene ohne die Prozessführung Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr decken zu können (§ 33 Abs. 2 EStG).

Das bedeutet: Nur wer durch den Prozess seine wirtschaftliche Existenz sichern muss, kann die Kosten steuerlich berücksichtigen. Alle anderen Prozesse, sei es in Sachen Schadensersatz, Werkmängel oder Erbstreitigkeiten, bleiben in der Regel steuerlich außen vor.

Aktuelle Finanzgerichts-Rechtsprechung

Seither präzisieren die Gerichte diese strenge Regelung in diversen Urteilen. Besonders hervorzuheben sind zwei Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen:

Im Urteil vom 15. Mai 2024 (9 K 28/23) ging es beispielsweise um die Abwehr einer Rückübertragung eines im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhaltenen Forstbetriebs. Das FG sah die Existenz des Klägers gefährdet, weil dessen Einkünfte außerhalb des Betriebs unter dem steuerlichen Grundfreibetrag lagen und der Verlust des Betriebs mehr als 85 % des ertragbringenden Vermögens ausgemacht hätte. Infolgedessen ließ das Gericht den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu. Das Verfahren liegt nun allerdings beim BFH zur Entscheidung (Az. VI R 22/24).

Anders im Urteil vom 10. Juni 2025 (13 K 157/24). In diesem Fall ging es um die Rückforderung von Einsätzen aus unzulässigem Online-Glücksspiel. Hier verneinte das FG den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung, weil keine wirtschaftliche Existenzgrundlage betroffen war. Auch dieses Verfahren ist nunmehr jedoch beim BFH anhängig (Az. VI R 10/25 ).

Existenzgrundlage gefährdet – ja oder nein?

Allein anhand dieser beiden Fälle wird klar, dass die Finanzgerichte strenge Kriterien anlegen. Dreh- und Angelpunkt ist stets die Frage nach der Existenzgrundlage, also der jeweiligen wirtschaftlichen Grundlage wie beispielsweise dem Betrieb oder der Arbeitskraft, mit dessen Hilfe das Einkommen gesichert wird. Eine Gefährdung liegt typischerweise dann vor, wenn weniger als 15 % des ertragbringenden Vermögens verbleiben oder das Einkommen das steuerliche Existenzminimum unterschreitet. Maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt der sogenannten Rechtshängigkeit, also des Verfahrensbeginns. Prozesse, die lediglich eine Vermögensmehrung anstreben oder allgemeine Vermögensinteressen betreffen, sind dagegen nicht begünstigt.

Beispiele aus der BFH-Rechtsprechung

Nicht abzugsfähig sind nach bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beispielsweise:

  • Prozesskosten im Zusammenhang mit einer Ehescheidung (außer Zwangsverbundkosten, wie zur Klärung des Versorgungsausgleichs oder Unterhalts minderjähriger Kinder),
  • Klagen wegen mangelhafter Werkleistungen,
  • Schadensersatzprozesse ohne existenzielle Notlage,
  • Erbstreitigkeiten ohne existenzielle Gefährdung,
  • Klagen auf Schmerzensgeld.

Damit wird deutlich: Die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung greift nur in seltenen Fällen.

Bei vorläufigen Bescheiden oder Einsprüchen bestehen gute Chancen, von einer späteren positiven Entscheidung zu profitieren. Bei bereits bestandskräftigen Bescheiden ist eine nachträgliche Berücksichtigung dagegen in der Regel nicht mehr möglich.

Hinweis: Betriebliche Prozesskosten
Die Abzugsbeschränkung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG betrifft nur Aufwendungen im Privatbereich (außergewöhnliche Belastungen). Prozesskosten im betrieblichen Bereich sind grundsätzlich Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG bzw. beim Arbeitnehmer Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 EStG, wenn sie betrieblich/beruflich veranlasst sind (Veranlassungsprinzip).

Fazit:
Die steuerliche Anerkennung von privaten Prozesskosten bleibt die Ausnahme. Nur wenn die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel steht, können diese Ausgaben geltend gemacht werden. Da die Rechtsprechung in Bewegung ist, empfiehlt es sich, im Zweifel die Kosten vorsorglich zu beantragen und das Verfahren ruhen zu lassen. So sichern Sie sich die Chance, von einer späteren günstigen Entscheidung zu profitieren.

Suchen
Format
Themen
Letzte Beiträge




Weitere interessante Artikel