Gewerbesteuerbefreiung für Heime und Pflegeeinrichtungen
Was Betreiber jetzt wissen und steuern sollten
Pflegeheime, Einrichtungen der Behinderten- und Seniorenhilfe wie auch Anbieter von betreutem Wohnen stehen unter hohem Kostendruck. Gleichzeitig steigen die Qualitäts- und Dokumentationspflichten. Steuern sind ein wesentlicher Kostenfaktor. Die mögliche Gewerbesteuerbefreiung ist daher ein zentrales Stellrad für die Wirtschaftlichkeit und die laufende Liquidität der Einrichtung. Das eingesparte Geld könnte direkt in Personal, Pflegequalität und Investitionen fließen.
Die Gewerbesteuerbefreiung kann auf zwei Wegen erreicht werden
- Befreiung aufgrund von Gemeinnützigkeit: Wenn der Träger gemeinnützig ist und die Einrichtung als Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege (§§ 65–68 AO) betreibt, dann ist die eigentliche Pflegeeinrichtung (der Zweckbetrieb des Trägers) von der Gewerbesteuer befreit.
- Spezielle Befreiungsnorm im GewStG: Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen, zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen sowie zur ambulanten oder stationären Rehabilitation sind von der Gewerbesteuer befreit, wenn die Pflege- bzw. Behandlungskosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. Maßgeblich ist, dass die Einrichtung überwiegend dem sozialen Versorgungsauftrag nach SGB XI oder XII dient und keinen eigenständigen gewerblichen Geschäftsbetrieb nebenher entwickelt.
Gesamtcharakter der Pflegeeinrichtung entscheidend
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Rechtsprechung regelmäßig bestätigt, dass der Gesamtcharakter der Einrichtung für die gewerbesteuerliche Beurteilung entscheidend ist. Liegt der Fokus auf der sozialen Pflegeleistung (stationäre oder teilstationäre Pflege, Kurzzeit- oder Tagespflege) unter öffentlich-rechtlich geprägten Entgeltregimen und im Rahmen eines Versorgungsvertrags, spricht dies klar für die Befreiung. Werden dagegen marktgängige Zusatz- oder Nebengeschäfte verbracht, kann dies zu einem gewerbesteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führen.
Was der Gewerbesteuerfreiheit schaden kann
- Gemischte Tätigkeiten: Durch das Betreiben eines Cafés oder Bistros für externe Gäste, die Vermietung an Dritte, Event- und Wellnessangebote oder den Verkauf von Hilfsmitteln können wirtschaftliche Geschäftsbetriebe begründet werden, deren Gewinne gewerbesteuerpflichtig sind.
- Zusatz- und Wahlleistungen: Werden Zusatz- oder Wahlleistungen außerhalb des Versorgungsvertrags angeboten und sind diese derart prägend, dass die pflegerische Leistung zurücktritt, kann Gewerbesteuerpflicht ausgelöst werden.
- Dokumentationsmängel: Fehlende klare Nachweise über Versorgungsverträge, Pflegesatzvereinbarungen, die Bewohnerstruktur oder die Abgrenzung von Nebenumsätzen kann zur Steuerpflicht führen.
- Immobilien-/Holding-Strukturen: Gibt es zwischen der grundsätzlich steuerfreien Vermögensverwaltung und einer gewerblichen Vermietung bzw. der Vereinbarung von zusätzlichen Service-Paketen keine saubere Trennung, kann die Gewerbesteuerfreiheit versagt werden.
- Mangelnde Träger-Compliance bei Gemeinnützigkeit: Werden Mittel nicht zeitnah und satzungsgemäß verwendet, sind Vergütungen nicht angemessen und wird nicht den Satzungszwecken entsprechend gehandelt, steht die Steuerbegünstigung und damit auch die Gewerbesteuerfreiheit der Einrichtung insgesamt auf dem Spiel.
Die Gewerbesteuerbefreiung ist für Heime ein echter Wirtschaftlichkeitsfaktor, aber kein Selbstläufer. Wer den sozialen Versorgungsauftrag klar nachweist, Nebenumsätze diszipliniert abgrenzt und klare und eindeutige Verträge vereinbart, sichert die Befreiung langfristig.
Empfehlung: Führen Sie einen jährlichen „Befreiungs-Check“ durch. Prüfen Sie bestehende Verträge, die Bewohnerstruktur und erbrachte Nebenleistungen: Trennen Sie die einzelnen Sphären Ihres Betriebes in der Buchhaltung und bei neuen Geschäftsmodellen, wie z. B. einem betreuten Wohnen mit Service-Paketen und lassen Sie sich vorab steuerlich und rechtlich beraten.




