Freiberuflich trotz überwiegender Managementtätigkeit
Keine gewerbliche Abfärbung bei Gemeinschaftspraxen
Ärzte und Zahnärzte erzielen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und genießen als Freiberufler besondere steuerliche Privilegien. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der (Zahn-)Arzt in eigener Praxis tätig ist oder gemeinschaftlich mit Berufskollegen in einer Gemeinschaftspraxis. Sie sind nicht bilanzierungspflichtig und unterliegen auch nicht der Gewerbebesteuer. Doch diese Vorteile sind an Bedingungen geknüpft.
Freiberuflich tätig ist nur, wer leitend und eigenverantwort-lich tätig wird. Eine leitende Tätigkeit umfasst dabei die:
— Organisation des Sach- und Personalbereichs
— Arbeitsplanung
— Arbeitsverteilung
— Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung sowie regelmäßige und eingehende Kontrolle der Ergebnisse (Stempel der Persönlichkeit des Berufsträgers).
Vorsicht vor gewerblicher Infektion
Zudem darf keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden. Darunter fällt bereits der Verkauf von Gesundheitsprodukten (z. B. Zahnpflegeartikeln und Nahrungsergänzungspräparaten oder von Büchern). Die damit erzielten Einkünfte unterliegen der Gewerbesteuer, wobei es bei Einzelunter-nehmen und Personengesellschaften einen Freibetrag vom Gewerbeertrag von 24.500 Euro gibt. Bei einer Personen gesellschaft führt die gewerbliche Tätigkeit jedoch grundsätzlich zu einer Umqualifizierung (Infektion) der gesamten freiberuflichen Einkünfte der Gesellschaft in gewerbliche Einkünfte. Das lässt sich vermeiden, wenn die gewerblichen Umsätze 3 % der Nettoumsätze der Gesellschaft und die Bagatellgrenze von 24.500 Euro der Nettoumsätze nicht überschreiten.
Jeder Gesellschafter muss freiberuflich tätig sein
Bei Personengesellschaften ist es äußerst wichtig, dass jeder einzelne Gesellschafter leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eigenverantwortlich ist eine Tätigkeit, wenn der (Zahn-)Arzt aufgrund von eigenen Fachkennt-nissen in ausreichendem Maß an der praktischen Arbeit teilnimmt und hierfür gegenüber dem Patienten die Verantwortung übernimmt. Jeder (Zahn-)Arzt schuldet eine höchstpersönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten. Er muss daher einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen.
Eine Arbeitsteilung bzw. „Teamarbeit“ ist zwar unschädlich. Ob diese aber unbegrenzt zulässig ist, war bislang unklar. So hatte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz im Jahr 2021 in einem Fall entschieden, dass der gesamte Praxisgewinn einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) gewerblich infiziert ist, weil der Seniorpartner der BAG die Organisations-, Verwaltungs- und Management aufgaben übernommen hatte und mit nur wenigen konsiliarischen Fällen zum Umsatz der BAG beitrug. Die Begründung: Der Seniorpartner leistet keine wesentliche patientenbezogene Arbeit und übt somit die für eine freiberufliche Tätigkeit erforderliche persönliche Berufsqualifikation nicht aktiv aus.
Arzt darf überwiegend administrativ tätig sein
Nun hat der Bundefinanzhof (BFH) für Klarheit gesorgt und zugunsten der BAG entschieden. Ein als (Zahn-)Arzt zugelassener Mitunternehmer einer BAG ist selbst dann freiberuflich tätig, wenn er neben einer nur äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb erbringt. Das Berufsbild des (Zahn-)Arztes ist zwar in besonderem Maße durch den persönlichen individuellen Dienst am Patienten geprägt. Aber auch organisatorische und administrative Tätigkeiten gehören zum Berufsbild des (Zahn-)arztes, denn die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft ist die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen (zahn-)ärztlichen Leistungen.
Sie ist damit auch Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie der persönlichen Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit. Damit ist es für die Freiberuflichkeit des Mitunternehmers der BAG auch unschädlich, wenn er überwiegend organisatorisch und administrativ tätig ist. Für den BFH war es dabei sogar ausreichend, dass der Mitunternehmer im Streitjahr lediglich fünf Patienten konsiliarisch beraten und hierdurch nur in geringfügigem Umfang auch eine behandelnde Tätigkeit am Markt entfaltet hatte.
Vorsicht bei der Gewinnverteilung
Unklar ist, ob der BFH zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn die Gewinnzuweisung an den „kaufmännischen“ Partner deutlich geringer ausgefallen wäre, als die Gewinnzuweisungen der überwiegend ärztlich behandelnden Partner der BAG. Für den BFH war es wichtig, dass die Gesellschafter bei den Gewinnzuweisungen untereinander die „Tätigkeiten für die Organisation und Leitung der Praxis“ gleichwertig mit den Behandlungstätigkeiten beurteilen und vergüten und damit die aktive (steuerliche) Mitunternehmerschaft bestätigen.
Daher sollte bei einer BAG mit einem „kaufmännischen“ Mitunternehmer die Gewinnzuweisung und das gemeinsame Verhalten gegenüber einem solchen Gesellschafter gut abgestimmt werden, um die Freiberuflichkeit nicht insgesamt zu gefährden.