Umsatzsteuerbefreiung von im Krankenhaus erbrachten ärztlichen Leistungen
Einheitliche Leistung muss zuerst geprüft werden
Privatkliniken und die Umsatzsteuerbefreiungen sind ein Kosmos für sich. Manchmal schwarz und undurchdringlich. Auch mehrere höchstrichterliche Verfahren und Gesetzesänderungen später herrscht nicht überall Licht im Dunkel. Zu klären ist immer wieder die Frage – Abrechnung mit Umsatzsteuer oder ohne? In seinem Urteil vom 19. Dezember 2024 (V R 10/22) musste der Bundesfinanzhof (BFH) das Verfahren an das Finanzgericht zurückverweisen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Arzt nutzt Infrastruktur anderer Krankenhäuser
Im Streitfall bot eine GmbH im Jahr 2009 Behandlungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie an. Die ärztlichen Leistungen wurden durch einen Arzt, der sowohl Geschäftsführer als auch Alleingesellschafter der GmbH war, erbracht. Die Sprechstunden und Operationen selbst erfolgten in den Räumlichkeiten von drei verschiedenen Krankenhäusern. Der Arzt rechnete gegenüber den Patienten sowohl seine eigenen ärztlichen Leistungen als auch die Krankenhausleistungen (Aufenthalt, Anästhesie etc.) steuerfrei ab. Er selbst wiederum zahlte Entgelte für die Leistungen der Krankenhäuser an deren Betreiber.
Streitig war, ob der Teil der den Patienten in Rechnung gestellten Leistungen, welche unstreitig medizinisch indiziert waren, in den Genuss der Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin kommen konnten. Das Finanzamt lehnte eine Begünstigung ab. Zwar seien die streitigen Behandlungen medizinisch indiziert gewesen und auch von einem Arzt durchgeführt worden. Jedoch könnten Leistungen im Rahmen eines Krankenhauses nur dann begünstigt sein, wenn auch die Voraussetzungen für begünstigte Krankenhausleistungen vorlägen.
Umsatzsteuerbefreiung unabhängig vom Leistungsort
Das Finanzgericht gab der Klage des Arztes vollständig statt und wendete die Steuerbefreiung auf alle Leistungen an. Der BFH jedoch sah den Sachverhalt differenzierter. Zwar habe das Finanzgericht zutreffend entschieden, dass eigenständige Heilbehandlungsleistungen eines Arztes als Subunternehmer eines Krankenhausbetreibers in einem Krankenhaus steuerfrei sein können, selbst wenn er nicht die Anforderungen der Steuerbefreiung für Krankenhausleistungen erfüllt. Dies gelte unabhängig von der Rechtsform.
Beschränken sich die an die Patienten abgerechneten Leistungen jedoch nicht auf die Erbringung einer ärztlichen Heilbehandlung, sondern umfassen sie zudem auch den stationären Krankenhausaufenthalt, müssen diese Leistungen ebenfalls auf die Erfüllung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit hin geprüft werden.
Einheitliche Leistung muss zuerst geprüft werden
Doch bevor das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang über die Steuerpflicht oder Steuerfreiheit der abgerechneten Krankenhausleistungen entscheiden kann, muss es zuerst prüfen, ob es sich bei den Leistungen der GmbH gegenüber den Patienten um eine einheitliche Leistung oder um mehrere selbständig erbrachte Leistungen handelt.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen umfasst, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehrere getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei ist die Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu berücksichtigen.
Eine einheitliche Leistung kann sich daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Leistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Steuerbefreiung für Krankenhausleistungen muss noch geprüft werden
Liegt eine einheitliche Leistung vor, ist eine Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil grundsätzlich nicht möglich. Besteht die einheitliche Leistung aus einer Haupt- und einer Nebenleistung, ist die gesamte Leistung steuerfrei, wenn die Hauptleistung steuerfrei ist, da die Nebenleistung das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt.
Handelt es innerhalb einer einheitlichen Leistung um zwei oder mehrere gleichwertige Elemente, kommt keine Steuerfreiheit in Betracht, wenn nicht alle Bestandteile jeweils für sich die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung erfüllen.
Im Streitfall kann für gleichwertige Leistungsbestandteile sprechen, dass eine zwingend stationär zu erbringende Heilbehandlungsleistung in Bezug auf die damit im Zusammenhang stehende Krankenhausunterbringung eine eigenständige und nicht nur der Heilbehandlung dienende Funktion zukommt. Liegt aufgrund eines derartigen Vorgangs nur eine Leistung vor, wäre diese dann insgesamt steuerpflichtig.
Sollten demgegenüber mehrere selbständige Leistungen gegeben sein, bei denen es sich zum einen um eine Heilbehandlung und zum anderen um eine Krankenhausbehandlung handelt, wäre nur die Heilbehandlung steuerfrei. In Bezug auf die Krankenhausbehandlungsleistung hätte das Finanzgericht noch die einschlägigen Vorschriften zur Steuerbefreiung von Krankenhausleistungen zu prüfen.
Fazit: Es bleibt also spannend und abzuwarten, zu welchem Ergebnis das Finanzgericht kommen wird.