Umzug wegen Arbeitszimmer nicht steuerlich abzugsfähig
BFH widerspricht Finanzgericht Hamburg
Die Corona-Pandemie und das damit verbundene verstärkte Arbeiten von zu Hause aus, hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Homeoffice-Modelle sind vom Ausnahme- zum Regelfall geworden. Dies hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Homeoffice-Pauschale (6 Euro pro Tag für maximal 210 Arbeitstage) auch entsprechend gewürdigt. Ein Umzug in eine größere Wohnung, der die Nutzung eines Arbeitszimmers ermöglichen soll, ist ebenfalls berufsbedingt und somit abzugsfähig, hatte das Finanzgericht Hamburg in seinem Urteil vom 23. Februar 2023 (5 K 190/22) entschieden. Doch jetzt widersprach der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 5. Februar 2025, VI R 3/23) dem Finanzgericht und hob das begünstigende Urteil auf.
Die Eheleute lebten gemeinsam mit ihrer Tochter in einer 3-Zimmer-Wohnung mit einer Gesamtgröße von ca. 65 m². Im Wohn- und Esszimmer befand sich ein Esstisch für vier Personen. Umzugspläne hatten die Eheleute nicht. Die Arbeit des Ehemannes erforderte in zeitlicher Hinsicht zu 60 Prozent Tätigkeiten mit Telefonaten/Meetings und zu 40 Prozent ruhigere Tätigkeiten (Lesen/Anfertigen von Berichten). Der Ehemann arbeitete vor Mitte März 2020 nur in Ausnahmefällen zu Hause. Mit Beginn der Pandemie ordnete der damalige Arbeitgeber Homeoffice an.
Die Ehefrau war als angestellte Sachbearbeiterin tätig. Ihre tägliche Arbeit besteht im Wesentlichen aus ruhigen Tätigkeiten, die Konzentration erfordern, wie bspw. Datenabgleich, E-Mails beantworten, Arbeit mit SAP und Excel. Telefonate führt sie kaum. Vor Mitte März 2020 arbeitete die Ehefrau ausschließlich im Büro. Das Büro ihres Arbeitgebers blieb während der Pandemie geöffnet, ein Betretungsverbot gab es nicht. Allerdings war Homeoffice dringend empfohlen.
Umzug wegen fehlender Arbeitszimmer
Beide Eheleute benötigten für ihre Tätigkeit einen großen Bildschirm. Mit Beginn der Homeoffice-Tätigkeit ab Mitte März 2020 nutzen beide Ehepartner den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufgestellt werden. Da die Ehefrau in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefonate des Ehemannes gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil sich beide in gewissem Maße die Arbeitszeit frei einteilen konnten. Als die Eheleute erkannten, dass die coronabedingten Einschränkungen nicht nur ganz kurzfristig sein würden, suchten sie nach einer Wohnung, die es ihnen ermöglichen würde, zwei Arbeitszimmer einzurichten.
In ihrer Steuererklärung erklärten die Eheleute die Umzugskosten in die neue 110 m² große Wohnung als Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Nutzung zweier Arbeitszimmer begründe keine berufliche Veranlassung des Umzugs. Zwar habe der Umzug die Einrichtung zweier Arbeitszimmer ermöglicht, aber der Fahrtweg habe sich für beide Kläger hierdurch nicht verändert. Zum Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels sei zudem nicht absehbar gewesen, wie lange Pandemie und Homeoffice-Verpflichtung dauern würden, sodass private Erwägungen den Umzug dominiert haben müssten.
Dieser Sichtweise schloss sich das Finanzgericht nicht an und gab den Eheleuten Recht. Bei Werbungskosten muss ein objektiver Zusammenhang zwischen ihnen und dem Beruf bestehen und sie müssen subjektiv zur Förderung des Berufs bestimmt sein. Eine Wohnung ist grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Daher sind Aufwendungen für einen Umzug grundsätzlich steuerlich nicht abziehbare Kosten der allgemeinen Lebensführung. Umzugskosten können aber als Werbungskosten abzugsfähig sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, private Gründe also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen.
Finanzgericht sah erleichterte Arbeitsbedingungen als ausreichend an
Eine derartige berufliche Veranlassung hat der BFH z. B. anerkannt, wenn durch den Umzug der erforderliche Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wesentlich vermindert worden ist. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Insoweit folgt das Finanzgericht dem Finanzamt. Allerdings ist das Finanzgericht nach Würdigung der Gesamtumstände davon überzeugt, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Eheleute geführt hat. Der Umzug ermöglichte erst eine ungestörte Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit beider Eheleute.
Dieser Sichtweise schloss sich der BFH nicht an. Der berufliche Veranlassungszusammenhang sei von der Rechtsprechung stets nur aufgrund objektiver, außerhalb der individuellen Wohnsituation liegender Umstände bejaht worden. Davon ausgehend sei eine nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung des Umzugs in eine andere Wohnung auch dann zu verneinen, wenn in dieser Wohnung (erstmals) die Möglichkeit zur Einrichtung eines Arbeitszimmers besteht. Der BFH argumentierte, es sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu ermitteln, ob die Einrichtung des Arbeitszimmers Anlass oder nur Folge des Umzugs in die neue, größere Wohnung ist. Anders als bei einem Umzug aus konkretem beruflichen Anlass (zum Beispiel Arbeitgeberwechsel, Umzug in neue Betriebsräume oder bei einer wesentlichen Fahrtzeitverkürzung) seien hier keine objektiven Umstände gegeben.